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Vor 100 Jahren: Schwules Leben 1924 – eine Zeitreise

Zeitschriften und Literatur, Vereine und Kneipen, Musik und Theater, Politik und Skandale

Historische Zeitungen und Zeitschriften sind wertvolle Quellen, in denen auch vor 100 Jahren bereits über Schwule berichtet wurde. Erwin In het Panhuis hat viele – teilweise erst seit kurzem im Volltext recherchierbare – Zeitungen und Zeitschriften des Jahres 1924 durchsucht und dabei auch bisher für die Schwulenbewegung unbekannte Quellen ans Licht gefördert: Mit rund 240 Artikeln und weiteren Quellen aus dem Jahr 1924 präsentiert er ein faszinierendes Kaleidoskop homosexuellen Lebens aus der Zeit der Weimarer Republik. Die BLSJ-Regionalgruppen Köln und Ruhrgebiet freuen sich, dass Erwin In het Panhuis ihren Einladungen für Vorträge gefolgt ist.

Termine 2024

Köln, 15. Juli 2024, 20:00 Uhr

Rubicon, Rubensstraße 8-10, 50676 Köln
(in Kooperation mit dem Centrum Schwule Geschichte)
Eintritt: frei

Duisburg, 29. November 2024, 19:30 Uhr

VHS Duisburg, Saal EG, Steinsche Gasse 26, 47051 Duisburg
(in Kooperation mit dem SchwuBiLe-Alumni)
Eintritt: 5 Euro

 

Wie haben Schwule vor 100 Jahren in Deutschland gelebt? Zeitzeugen gibt es keine mehr. Aber viele – auch bislang unbekannte – Quellen zeugen von ihrem Leben. Was war das Besondere an der frühen Homosexuellenbewegung, die sich vor allem in Berlin formierte? Das „Eldorado“, die bis heute bekannteste Schwulenkneipe der Weimarer Republik, wurde am 22. März 1924 eröffnet. Im August 1924 erschien „Die Freundin“ – die erste lesbische Zeitschrift der Welt. Thomas Mann veröffentlichte 1924 seinen Roman „Der Zauberberg“ mit einer homoerotischen Nebenhandlung. Mit „Bubi, lass uns Freunde sein“ erschien einer der ersten schwulen Schlager. Und der Film „Michael“ über die Liebe eines Malers zu seinem Lieblingsmodell kam in die Kinos.

Wie formulierte man damals Kontaktanzeigen? Gab es schon schwule Vereine? Und wie muss man sich einen Abend in einer Schwulen-Bar vorstellen? Diese und viele andere Themen werden mit Bildern, Zeitschriften-Artikeln und Ton-Aufnahmen präsentiert und auch in Bezug zur politischen Situation des Jahres 1924 gesetzt. Dabei geht es auch um die negativen Aspekte: In der zweiten Jahreshälfte 1924 dominierte der schwule Serienmörder Fritz Haarmann die Berichterstattung über homosexuelle Themen und prägte damit auch die Einstellung zu Homosexuellen in Politik und Gesellschaft. Homosexualität war und blieb – vielleicht auch wegen Haarmann(!) – strafbar. Der entsprechende § 175 des Reichsstrafgesetzbuches, der wie ein Damoklesschwert über den Homosexuellen hing, konnte auch 1924 nicht abgeschafft werden, obwohl sich mit der KPD erstmals eine Partei für die Abschaffung dieses Schandparagraphen aussprach.
Trotz des § 175 gab es natürlich „schwules Leben“ – auch in Köln: einige Vereine und mindestens 13 Lokale. Das bekannteste war das „Dornröschen“ mit seinem über die Grenzen von Köln hinaus bekannten Travestiestar Johann Baptist Welsch, den die meisten nur als „Tilla“ kannten.