Felix-Rexhausen-Platz, 50668 Köln
Köln benennt einen Platz nach dem streitbaren Journalisten und Satiriker
von Axel Bach
In Köln gibt es 5543 Straßen, Plätze und Parks. Rund 1500 davon sind nach Personen benannt, einige davon auch nach Schwulen; zum Beispiel die Oscar-Wilde-Straße in Köln-Weiden, die Marcel-Proust-Promenade in Lindenthal und der im Jahr 2000 nach Jean Claude Letist benannte Platz. Am 27. März 2014 hat die Bezirksvertretung Innenstadt nun einen weiteren Platz nach einem Schwulen benannt: Felix Rexhausen.
Einweihung am Tag der Menschenrechte
Mehr als anderthalb Jahre später wurde der Platz am 10. Dezember 2015 – dem Tag der Menschenrechte – von Bezirksbürgermeister Andreas Hupke offiziell eingeweiht. Um genau 12.21 Uhr wurden die Köln- und Regenbogenfahne vom Straßenschild abgezogen. Viele kennen Felix Rexhausen sicherlich wegen seines Romans „Lavendelschwert“, andere wegen seiner WDR-Glosse „Mit Bayern leben“ und wiederum andere, weil er die deutsche Sektion von Amnesty International mitgegründet hat. Schon diese Aufzählung zeigt: Obwohl er nur 59 Jahre alt wurde, hat Felix Rexhausen Spuren hinterlassen und (schwule) Geschichte geschrieben.
Vom Wissenschaftler zum Journalisten
Felix Rexhausen erblickte am 31. Dezember 1932 in Köln das Licht der Welt, wuchs jedoch in Leipzig und Hamburg auf. 1954 kam er zum Studium der Sozialökonomie nach Köln zurück, wo er 1959 bei Günter Schmölders mit dem Thema „Der Unternehmer und die volkswirtschaftliche Entwicklung“ zum Doktor rer. pol. promoviert wurde. Wahrscheinlich noch während seiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter begann er 1961 eine Tätigkeit beim WDR in der Redaktion „Echo des Tages“ – auf Empfehlung eines WDR-Kollegen, der ihn in einer Studentenkneipe als „sehr witzig“ kennengelernt hatte. In diese Zeit fiel auch die Gründung der deutschen Sektion von Amnesty International, die er am 28. Juli 1961 zusammen mit Carola Stern, Gerd Ruge und anderen in Köln gründete. Für mindestens drei Jahre war er deren Schatzmeister, erinnert sich Gerd Ruge, der im WDR übrigens sein Chef war: „Die Sendung ‚Echo des Tages‘ war fast eine kabarettistisch aufgezogene Tagesschau, sehr raffiniert geschrieben und der Rexhausen konnte das eben auch, wie sich sehr schnell herausstellte, obwohl er das vorher nie gemacht hatte.“
Mit Bayern leben
Seine satirische Schreibe machte ihn dann am 19. September 1963 auf einen Schlag deutschlandweit berühmt: Er habe Geschichte geschrieben – deutsche Satire-Geschichte, so der WDR-Autor Thomas Pfaff in einem „Zeitzeichen“, das genau 50 Jahre nach der Ausstrahlung seiner Glosse „Mit Bayern leben“ erschienen ist. Darin forderte Rexhausen, das Land Bayern aus der Bundesrepublik zu entlassen. Doch die Bayern verstanden offensichtlich keinen Spaß und auch keine Satire. In der Lawine von Protestschreiben war ebenfalls eines des damaligen bayrischen Ministerpräsidenten Alfons Goppel: „Im Namen des Freistaates Bayern erhebe ich den schärfsten Protest gegen die in ihrem Inhalt nicht zu qualifizierende Glosse über Bayern. Ich bin der Erwartung, daß der Westdeutsche Rundfunk die geeigneten Schritte zur Wiederherstellung der Ehre Bayerns unternimmt.“ (Die Glosse und Reaktionen darauf hat Rexhausen auch als Buch herausgegeben; vgl. dazu die Buchempfehlungen.)
Zurück nach Hamburg
Die Situation für ihn im WDR war nach den heftigen Reaktionen auf seine Glosse nicht mehr ideal. Er durfte zwar weiterhin für den WDR arbeiten, jedoch nicht mehr unter seinem Namen – so der Kompromiss. 1964 und 1965 arbeitete er auch für den Kölner Stadtanzeiger. Doch 1966 ging er zurück nach Hamburg, als Rudolf Augstein ihn als Autor für den „Spiegel“ haben wollte. Zur Zeit der ersten großen Koalition in Deutschland erfand er – frei nach Wilhelm Buschs Bildergeschichte über zwei ungezogene junge Hunde – „Plisch und Plum“, die für die damaligen Bundesminister Schiller und Strauß standen. Seine erfolgreichste Zeit als Satiriker hatte er dann jedoch ab 1968 über beinahe zehn Jahre beim NDR – in den Hörfunksendungen „Lappen für Lappen“ und „Schulfunk für Erwachsene“. 1978 bestellte ihn die Hamburger Kulturbehörde für ein halbes Jahr zum Stadtschreiber für Harvestehude (vgl. Buchempfehlungen).
Das Lavendelschwert – und die Folgen
Felix Rexhausen war ein mutiger Mann und ein selbstbewusst-schwuler Journalist und Autor. Als in den 1960er-Jahren noch der Paragraf 175 in der Nazi-Fassung galt, thematisierte er bereits die Lebensumstände schwuler Männer eindringlich, aber auch ironisch und selbstkritisch. Als erstes Buch mit schwuler Thematik aus seiner Feder erschien 1966 „Lavendelschwert“, in dem er satirisch Dokumente einer fiktiven schwulen Revolution im Adenauer-Deutschland zusammenstellte. Die schwulen Buchläden in Köln und Edinburgh benannten sich nach diesem Romantitel. Der Kölner Laden in der Bayardsgasse 3 (Nähe Neumarkt) ist inzwischen Geschichte. Männerschwarm-Verleger Detlef Grumbach über Felix Rexhausen: Er hat „etwas über die Lebenswirklichkeit zu Kenntnis gebracht, was sonst kaum jemand zur Kenntnis gebracht hat. Er war mutig und hatte eine Haltung. Deshalb ist er ein Vorbild!“ In seinen Texten ging es auch darum, Grenzen auszutesten und zu provozieren, was bis heute zum Nachdenken anregt. Und deswegen war er auch der ideale Namenspatron für den Medienpreis des Bundes Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSJ), der seit dem Jahr 2001 nach Felix Rexhausen benannt ist.
Der eigene Nachruf
Im Sammelband „Vorletzte Worte – Schriftsteller schreiben ihren eigenen Nachruf“ schrieb er 1985, was er sich als Text auf seinem Grabstein wünsche: „So viele Träume“ Er galt als Satiriker. Er ist tot.
Sieben Jahre später stirbt Felix Rexhausen am 6. Februar 1992 allein in seiner Hamburger Wohnung. Er wurde auf dem Ostfriedhof in Köln-Dellbrück beigesetzt.
Zitate von Felix Rexhausen
- Schwul? Mach Dir nichts draus! Die anderen sind hetero – und machen sich auch nichts draus.
- Seid nicht verschreckt, verwürgt, niedergedrückt; sondern seid aufrecht und gerade die, die ihr seid: Nämlich so und so und so und außerdem schwul: Seid stolze Schwule!
- Die Schwulen stellen einen Querschnitt durch die Bevölkerung dar und sind ebenso unerfreulich wie diese.
Felix Rexhausen lesen
- Mit Bayern leben, 1963
- Zaunwerk – Szenen aus dem Gesträuch, 1964
(erschienen 2021, als Hörbuch 2022) - Mit deutscher Tinte, 1965
- Lavendelschwert, 1966
(neu aufgelegt 1999; incl. seines eigenen Nachrufs) - Die Sache, 1968
- In Harvestehude, 1979
Felix Rexhausen hören
- WDR-„Zeitzeichen“ vom 19.09.2013
(ausführlicher Begleittext zum WDR2-„Stichtag“) - Thomas Pfaff: So viele Träume: Das Sendungsbewusstsein des Felix Rexhausen
in: SWR2 Feature, 15.02.2017, 14.05 bis 15.00 Uhr
(Sendungsmanuskript) - 14 Liedtexte für die Doppel-LP Das ganze Jahr! von Schobert und Black (1975)
Wissenschaftliches über Felix Rexhausens Literatur
- Mit Deutschland leben! – Felix Rexhausens Literatur zwischen Zersetzung und Formspiell, März 2020
- Bibliografie der Schriften von und über Felix Rexhausen (1956–2022); aktualisierte Version, November 2022
Dieser Beitrag ist zuerst in der Zeitschrift HIStory (Ausgabe 2/2014) des Centrums Schwule Geschichte erschienen und liegt hier in einer zuletzt am 17.11.2022 aktualisierten und erweiterten Fassung vor.