2013Hamburg
Claus Bredenbrock
Claus Bredenbrock gewinnt Felix-Rexhausen-Preis 2013
BLSJ zeichnet Arte-Dokumentation über Wilhelm II. aus
Der Erste Weltkrieg wäre möglicherweise nicht ausgebrochen, wenn Wilhelm II. auf einen Kreis schwuler Berater gehört hätte, mit dem sich der deutsche Kaiser jahrzehntelang umgab. Um diese erstaunliche These geht es in der meisterhaften TV-Dokumentation „Des Kaisers schmutzige Wäsche“ (ZDF/Arte 2013) von Claus Bredenbrock. Für seinen Film ist Claus Bredenbrock an diesem Samstag (3. August 2013) vom Bund Lesbischer und Schwuler Journalistinnen (BLSJ) mit dem Felix-Rexhausen-Preis 2013 ausgezeichnet worden.
Das Thema der Dokumentation ist nach Ansicht des BLSJ bis heute relevant, weil die Ereignisse des frühen 20. Jahrhunderts Mitauslöser für die jahrzehntelange Homosexuellenverfolgung in Deutschland und der Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas sind. „Ein historisches Thema, von Anfang bis Ende spannend erzählt. So müssen Geschichtsdokumentationen sein!“, lobt Arnd Riekmann namens der Jury. „Beeindruckt waren wir von der Vielzahl seltener Fotos, Film- und Ton-Dokumente, die Claus Bredenbrock in Archiven gefunden hat. Es ist ihm dabei gelungen, dieses Material mit Experteninterviews und Spielszenen dramaturgisch äußerst geschickt zu einem fesselnden und äußerst erhellenden Film zu verweben.“ Auch die beiden anderen in diesem Jahr nominierten Beiträge lobt die Felix-Rexhausen-Jury ausdrücklich. So zeige ORF-Reporterin Nina Horowitz in „Wenn Frauen Frauen lieben“ (ORF2 „Am Schauplatz“, 20. Juli 2012), dass Lesbischsein in Österreich offenbar immer noch ein Tabu ist. NDR-Autor Lennart Herberhold schildere mit seinem Magazin-Beitrag „Homosexuelle und der Paragraf 175“ (NDR-Kulturjournal, 3. Dezember 2012) auf erschütternde Weise eines der dunkelsten Kapitel bundesdeutscher Justizgeschichte. „Diese Beiträge sollten sich Journalisten und Redaktionen zum Vorbild nehmen für die eigene Berichterstattung über lesbische und schwule Themen“, so der Appell von Jury-Mitglied Arnd Riekmann. Mit einem undotierten Sonderpreis zeichnet die Jury in diesem Jahr die beiden Nachwuchsreporter Stefanie Fetz und Max Muth aus. Ihr Beitrag „Die Geisterspiele“ aus „Franz Josef“ – dem Magazin der deutschen Journalistenschule (September 2012) – ist ein mutiger und packend geschriebener Artikel über die schwul-lesbischen Eurogames 2012 in Budapest, die wegen Drohungen von Rechtsradikalen und dem zurzeit allgemein homosexuellenfeindlichen Klima in der ungarischen Hauptstadt nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfanden.
Der Felix-Rexhausen-Preis 2013 wurde an diesem Samstag auf dem Christopher Street Day in Hamburg von NDR-Moderatorin Anja Reschke überreicht. Die Auszeichnung ist mit einem Preisgeld von 500 Euro dotiert. Der BLSJ vergibt den Preis seit 1998 jedes Jahr und würdigt damit ein besonderes publizistisches Engagement bei der Berichterstattung über Lesben, Schwule und Bisexuelle.
Pressemitteilung als PDF
Ausführliche Begründungen der Jury über die nominierten Beiträge und den Sonderpreis
Die gesamte Preisverleihung zum Anhören (22 min)
Kurzbegründungen der Jury
Nina Horowitz: „Wenn Frauen Frauen lieben“
ORF 2 – Am Schauplatz, 20.07.2012 „Kennen Sie lesbische Frauen?“ Mit dieser Frage beginnt „Wenn Frauen Frauen lieben“. ORF-Reporterin Nina Horowitz begibt sich auf die Suche und stellt mehrere, ganz verschiedene Lesben vor, von der Schülerin bis zur Rentnerin. Mit unterschiedlichen Stilelementen, die abwechslungsreich eingesetzt werden, macht der Film deutlich, wie weit lesbenfeindliche Vorurteile in Österreich noch verbreitet sind. Horowitz hat es mit ihrer konfrontativen Reportage geschafft, das Thema „Lesbisch sein“ ins öffentliche Bewusstsein zu bringen.
Lennart Herberhold: „Homosexuelle und der Paragraph 175“
NDR – Kulturjournal, 03.12.2012 Klaus Born saß Mitte der 1960er Jahre im Gefängnis. Sein Verbrechen: Er ist schwul. Die junge Bundesrepublik hatte den Anti-Homosexuellen-Paragrafen 175 unverändert von den Nazis übernommen. Entsprechend ging auch die Schwulenverfolgung nahtlos weiter. Es ist erschütternd, in Lennart Herberholds Beitrag „Homosexuelle und der Paragraph 175“ davon zu hören. Trotz einer Länge von knapp sieben Minuten liefert Herberhold ein umfassendes Bild eines dunklen Kapitels der deutschen Justizgeschichte, das weiterhin nicht restlos aufgearbeitet ist.
Claus Bredenbrock: „Des Kaisers schmutzige Wäsche“
Arte, 19.02.2013 Wäre die Geschichte des 20. Jahrhunderts anders verlaufen, wenn Wilhelm II. auf einen Kreis schwuler Berater gehört hätte? Dies ist die zentrale Frage, mit der sich Claus Bredenbrock in „Des Kaisers schmutzige Wäsche“ befasst. Möglicherweise wäre es nicht zum Ersten Weltkrieg gekommen – das macht das Feature deutlich, in dem Bredenbrock kaum bekannte historische Fakten anhand von rarem Archivmaterial dramaturgisch facettenreich darlegt. Ein Film, der von Anfang bis Ende fesselt.