bisherige Preisträger

2004Hannover
Lorenz Wagner

Lorenz Wagner

für seine Reportage Goldrausch in Gelsenkirchen
(Financial Times Deutschland, 28. Mai 2004)

Laudatio

Ein Beitrag über den Schrotthandel im Ruhrgebiet, den Stahlmarkt in China und über die Probleme der Globalisierung in der Financial Times Deutschland: Da geht es um Märkte und Infrastruktur, um Preispolitik und den Unterschied verschiedener Stahlsorten. Und so ganz nebenbei geht es um zwei lesbische Frauen aus dem Ruhrgebiet, die als Schrotthändlerinnen in Gelsenkirchen arbeiten.

Lorenz Wagner hätte sich jeden Schrotthändler als Protagonisten aussuchen können; seine Wahl fiel auf ‚Engelchen‘ und ‚Sternchen‘. Über ihre homosexuelle Beziehung schreibt er genau so viel wie gerade nötig ist, um sie einordnen zu können, und doch genug, um anschaulich und überzeugend zu zeigen, wie lesbisches Leben in Deutschland im Jahr 2004 aussehen kann: sympathisch, witzig und durch und durch Ruhrgebiet. Dabei hat Lorenz Wagner vermieden, die lesbischen Protagonistinnen als Minderheit oder Randgruppe darzustellen. Vielmehr gelingt es ihm, sie en passant als Lesben zu charakterisieren.

Eine solch gelungene und ungezwungene Darstellung homosexueller Lebensweise wünscht sich der BLSJ häufiger. Der Jury ist es daher leicht gefallen, Lorenz Wagner für seinen Beitrag „Goldrausch in Gelsenkirchen“ mit dem Felix-Rexhausen-Preis 2004 auszuzeichnen.

Herzlichen Glückwunsch!

Sonderpreis

Ilka Franzmann: Fernseh-Reportage „Samoa Queens“
arte: 30.11.2003 in der Sendereihe Geo-Reportage 360°

Laudatio

Was macht aus einem Mann eigentlich einen Mann und aus einer Frau eine Frau? Die Kleidung? Die Arbeit? Der Sexualpartner? Manchmal kann man die Details besser erkennen, wenn man weiter weg geht. Ilka Franzmann ist bis nach Samoa geflogen, um irritierende Antworten auf banale Fragen zu finden.

Sie portraitiert in ihrer Reportage „Samoa Queens“ samoanische Männer. So genannte „Fa’afafine“: Männer, die als Frauen leben. Sie wurden schon in der Kindheit als Mädchen erzogen, sie kleiden sich wie Frauen, sie arbeiten in Frauenberufen. Und sie gehen auch mit Männern ins Bett. Für sie hat das mit Homosexualität nichts zu tun, denn sie fühlen sich zu hundert Prozent als Frau.

Ilka Franzmann zeigt mit viel Authentizität und Tiefenschärfe, welche Auswirkungen dieser unkonventionelle Umgang mit Geschlechterrollen in Polynesien hat. Tolerierung bis hin zur Verehrung einerseits und andererseits Einschränkung durch religiöse Gebote und traditionelle Rollenbilder. Von kleinen Kompromissen im Alltag bis zu den großen Entscheidungen im Leben baut sich ein Spannungsfeld auf, in dem das „dritte Geschlecht“ der Fa’afafine lebt.

Ilka Franzmanns Dokumentation „Samoa Queens“ schafft es, verstärkt durch die Offenheit der interviewten Fa’afafine und ihrer Familien, die in unserem Kulturkreis so vertrauten pauschalen Zuordnungen von ‚Mann‘, ‚Frau‘, ‚homosexuell‘, ‚heterosexuell‘ ‚bisexuell‘ nachhaltig in Frage zu stellen und zu erweitern.

Der Jury ist es daher leicht gefallen, Ilka Franzmann für ihre Fernseh-Reportage „Samoa Queens“ mit einem Sonderpreis auszuzeichnen.

Herzlichen Glückwunsch!

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Nominierungen