Homosexuellen-Milieu

Archiv

Diese Seite dokumentiert die Verwendung des Begriffs Homosexuellen-Milieu in der Presse. Einige Artikel aus älteren Jahren werden noch ergänzt. Bitte schreiben Sie uns eine E-Mail, wenn Ihnen neue Kandidaten für diese Liste auffallen.

06.10.2022:
Bild titelte: „Jetzt ermittelt die Polizei im Schwulen-Milieu“
Nach einem Hinweis von queer.de änderte sich die Überschrift in:
„Die Polizei sucht Zeugen in der Schwulenszene“

Danke an queer.de für die Dokumentation:
„Bild“ reaktiviert das „Schwulen-Milieu“

 

06.07.2020:
Berliner Kurier: „Mord an Pastor Zuber: Die Spur führt auch ins Stricher-Milieu“
Die Kolleg_innen vom Berliner Kurier titelten zuerst:
„Die Spur führt auch ins Schwulen-Milieu“
Dann änderten sie – kaum besser – in:
„Die Spur führt auch ins Stricher-Milieu“.
Wir sind gespannt, ob die Überschrift später noch einmal geändert wird: Wir vermuten den Täter nämlich im Mörder-Mileu.

Update: Der Beitrag ist unter der o.a. Verlinkung nicht mehr zu erreichen. Zumindest die Suche nach „Pastor Zuber“ ergibt nur noch Beiträge ohne Milieu-Verweise.

Danke an Stefan Niggemeier für die Dokumentation der Screenshots auf Twitter:
Aufatmen im Hetero-Milieu

Bericht auf queer.de:
Mysteriöser Mord an schwulem Pastor

 

06.05.2020:
Kronen Zeitung Wien: „Ausflug ins Homosexuellen-Milieu endet mit Prozess“
Wer liest eigentlich Boulevard-Zeitungen? Und was sind das für Menschen, die für solche Zeitungen arbeiten? Die österreichische „Kronen Zeitung“ hat zumindest einige Register gezogen, um einen Mordversuch möglichst abwertend zu beschreiben:
Erst die Überschrift: „Blutige Eskalation – Ausflug ins Homosexuellen-Milieu endet mit Prozess“.
Und dann: „Ein Ausflug ins Homosexuellen-Milieu endete für einen Familienvater vor Gericht: Anklage Mordversuch.“ Dabei hatte sich der Täter mit dem Opfer in einem Wiener Hotel getroffen. Von Milieus wahrscheinlich keine Spur!

ausführlicher Bericht auf queer.de vom 7. Mai 2020:
Auch in der „Kronen Zeitung“ ist das „Homosexuellen-Milieu“ lebendig

 

07.04.2020:
Abendzeitung München: „Sechs Morde im Homosexuellen-Milieu“
Wohl anlässlich der Corona-Pandemie schreibt die Münchener Abendzeitung ein historisches Stück: „Aids: Als die letzte Pandemie über München kam“. In der Fassung, die Google-News gescannt hat, hieß es: „Die Gemeinde der Schwulen und Lesben war zwar bereits selbstbewusst geworden …, doch sie war auch verunsichert, weil … sechs Morde im Homosexuellen-Milieu gemeldet wurden.“
Gut, dass es jetzt einfach heißt: „Morde an Homosexuellen“.

03.02.2019:
Kripo Köln: „Möglicherweise hat sich das Opfer im homosexuellen Milieu aufgehalten.“
Erneut heißt es in einer Polizeimeldung, dass es ein homosexuelles Milieu gebe. Der Fall: Ein 79 Jahre alter Mann wurde in Köln tot in dessen Wohnung gefunden. Die Polizei bittet um Mithilfe und fragt, wer den Herrn in den vergangenen Tagen – insbesondere am Samstagabend – gesehen habe; ergänzt um den Satz: „Möglicherweise hat sich das Opfer im homosexuellen Milieu aufgehalten.“
BLSJ-Vorstand Axel Bach: „Wir wünschen der Polizei einen raschen Fahndungserfolg – sind aber der Meinung, dass eine konkrete Benennung der Umstände dabei mehr helfen könnte als der diskriminierende, verschwurbelte und falsche Begriff Homosexuellen-Milieu. Zudem sind wir gespannt, wie oft die Medien dieses Mal den unsinnigen und unsäglichen Begriff aus Polizeikreisen selbst verwenden werden.“

Update: Nach Kritik aus der Community will die Kölner Polizei zukünftig nicht mehr vom „Homosexuellenmilieu“ sprechen. (vgl. auch die Berichte in der Linkliste)
Update 2: Das scheint die Gerichtsreporterin Hariett Drack und der Kölner Stadt-Anzeiger allerdings nicht mitbekommen zu haben. Im Text über das Gerichtsverfahren, heißt es – kaum besser: „Der Tod eines 79-jährigen Mannes aus dem Schwulenmilieu war nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft heimtückischer, habgieriger Mord …“

Der Polizeibericht aus dem Polizisten-Milieu

Die Westdeutsche Zeitung (WZ) machte aus der Polizeimeldung einen Artikel – und setzt das Homosexuellen-Milieu zumindest in Anführungszeichen…

Ebenso der Kölner Express, der allerdings reichlich dumm mit „Tat in der Schwulenszene?“ titelt.

Bei der Bild wundert man sich natürlich nicht, wenn sie fragt: Führt die Spur ins Schwulenmilieu?

Und auch report-K.

Beim Umarbeiten der Polizeimeldung für den Bonner Generalanzeiger blieb das „homosexuelle Milieu“ leider bestehen.
Nach unserem Hinweis hat der Autor den Text geändert.

Ebenso im Kölner Wochenspiegel.

Positiv: Radio Berg spricht von „Schwulenszene“.

Ähnlich – aber ein wenig wirr die Meldung bei Radio Köln: „Die Polizei hat am frühen Sonntagmorgen den 79-jährigen […] tot in seiner Wohnung in Deutz aufgefunden. Die Räume waren offensichtlich durchsucht worden. Deshalb geht die Kriminalpolizei von einem Raubmord aus und ermittelt in der Schwulenszene.“

queer.de berichtete erneut kritisch über die andauernde Verwendung des Begriffs Homosexuellen-Milieu

queer.de berichtet darüber, dass die Kölner Polizei den Begriff künftig nicht mehr nutzen werde.

Auch die taz greift das Thema auf: Polizei will „sensibler formulieren“

Im Text über das Gerichtsverfahren beim Kölner Stadt-Anzeiger vom 20. November 2019 ist dann erneut von einem „Mann aus dem aus dem Schwulenmilieu“ die Rede.

 

10.01.2019:
Staatsanwalt: „Wir ermitteln in alle Richtungen, aber aus gegebenem Anlass auch im homosexuellen Milieu.“
So wurde Staatsanwalt Klaus Neulken laut queer.de in der „Westfalenpost“ zitiert, nachdem ein 67 Jahre alter schwuler Mann leblos in seinem Haus gefunden wurde.

Update vom 11.10.2019:
Neun Monate nach dem Mord kam es zum Prozess. Auch dabei soll das Homosexuellen-Milieu eine Rolle gespielt haben – zumindest, wenn man dem Sauerlandkurier glaubt. Im Artikel „Weitere Zeugen im Medebacher Mordprozess vernommen“ schreibt die Autorin: „Dabei verdichteten sich die Hinweise, dass der 67-jährige getötete Rentner aus Medebach kein Unbekannter im homosexuellen Milieu gewesen ist.“ Aha.

17.12.2017:
Mordkommission Krefeld: „Durch Kontakte zu diesem Milieu ergibt sich eine deutliche Gefahrenlage.“
Am 17. Dezember 2017 war es mal wieder soweit: Die Polizei warnt vor dem Milieu – und meint damit wohl das „Homosexuellen-Milieu“. Denn: Der Tote war – so zitiert die NRZ den Kriminalhauptkommissar – „43 Jahre verheiratet, sei aber, nachdem seine zum Schluss bettlägerige Frau verstorben wäre, seiner homosexuellen Neigung gefolgt, erklärte Gerd Hoppmann“. BLSJ-Vorstand Axel Bach: „Wir haben ja mittlerweile die Hoffnung fast aufgegeben, dass der unsinnige und unsägliche Begriff in Polizeikreisen nicht mehr verwendet wird. Aber dass Journalist_innen ihn weiterhin unreflektiert und unkommentiert verwenden, können wir nicht verstehen.“

„Schwule Gefahr“: Steven Milverton kommentiert das Geschehen in seinem Blog

 

10.04.2017:
Polizei Bochum ermittelt im Homosexuellen-Milieu!
Am 10. April 2017 lies die Bochumer Polizei über ihren Pressedienst verlauten: „Raubserie im Homosexuellen-Milieu aufgeklärt“. Der BLSJ freut sich über die Aufklärung der widerlichen Verbrechen – ist aber gleichzeitig entsetzt über die Verwendung des Begriffs „Homosexuellen-Milieu“. Nicht nur, dass dieser Begriff sprachlich völliger Unsinn ist. Darüber hinaus zementieren solche Phrasen unbewusst Klischees über Homosexuelle, die damit kollektiv verunglimpft werden. „Wir hoffen, dass zumindest Journalistinnen und Journalisten den Begriff aus den Polizei-Meldungen nicht übernehmen werden“, so BLSJ-Vorstand Axel Bach.

Beitrag dazu auf queer.de

 

27.08.2012:
Für die Berliner Zeitung war 2012 das Homosexuellen-Milieu sogar in der Badewanne des Opfers. „Dort habe der 27-Jährige sein Opfer unerwartet von hinten gewürgt und ihm mit einem Hammer zehn mal auf den Schädel geschlagen“, heißt es unter der Überschrift „Prozess wegen Mordes im Homosexuellenmilieu beginnt“.

18.02.2010:
Selbst die sogenannte Qualitätspresse kann es nicht lassen. Die Süddeutsche Zeitung schrieb am 18. Februar in ihrem Sportteil: „Bisher aber vermieden es die Beteiligten auffallend, das homosexuelle Milieu, das in der Causa um den ehemaligen Schiedsrichter-Sprecher Manfred Amerell und die ihm angelasteten Verfehlungen klar zutage tritt, als solches zu benennen.“
Wie so oft, wenn Journalisten vom Homosexuellen-Milieu schreiben, ist in Wahrheit nur ein Hetero-Milieu zu finden: Was, wenn nicht die Welt des Männer-Fußballs – die Einschränkung auf den Herrenfußball muss allerdings gemacht werden – ist heterosexueller? Und auch von dem „Beschuldigten“ Manfred Amerell ist bekannt, dass er mit einer Frau verheiratet ist und zwei Kinder hat. Selbstverständlich bleibt ihm unbenommen, sich auch gleichgeschlechtlich zu betätigen. Was aber bei SZ-Redakteur Thomas Kistner unterschwellig mitschwingt, ist eine Gleichsetzung der sexuellen Orientierung mit kriminellen Machenschaften in einem „Milieu“. Jedoch: Es gibt ebenso wenig ein Homosexuellen-Milieu, wie es auch kein Heterosexuellen-Milieu gibt.
Der BLSJ meint: „Mit diesem Text wird Thomas Kistner sicherlich keinen weiteren Journalisten-Preis erhalten.“ Und an die Kollegen in München gerichtet: „Auch die Sport-Redaktion sollte sich bei ihrer Berichterstattung nicht länger von unreflektierten Vorurteilen leiten lassen. Dass gerade eine Zeitung von solcher Qualität derartig in die Klischee-Mottenkiste greift, ist unverständlich.“
Zum Beitrag geht’s hier lang: „Vorläufiges Ende einer bizarren Geschichte

24.09.2009:
Auch Presse-Agenturen fabulieren immer wieder vom Homosexuellen-Milieu. So titelt die dpa am 24. September 2009 um 13.35 Uhr: „Haftstrafe für Gewalttat im Homosexuellen-Milieu“. Im weiteren Verlauf des Textes heißt es dann: „…auf offener Straße mit einem Messer attackiert und dann bei einem zweiten Angriff niedergestochen und beinahe getötet.“

Der BLSJ schrieb dazu:
„Liebe dpa, mal wieder soll sich … eine „Gewalttat im Homosexuellen-Milieu“ abgespielt haben. Aus der Meldung geht aber nur hervor, dass ein Mann seinen Partner irgendwo auf offener Straße erstochen haben soll. Wir halten es daher für unangebracht, in diesem Zusammenhang von „Homosexuellen-Milieu“ zu reden, weil diese Wortwahl falsche Assoziationen nahelegt – so, als wären Homosexuelle wie Kriminelle oder Drogenhändler in einer Art Rotlichtviertel organisiert.
Würden Sie analog auch von „Gewalttat im Lehrermilieu“ oder „Gewalttat im Bayernmilieu“ schreiben? Wohl kaum. …“

28.07.2009:
Die B.Z. aus Berlin fragt: „Wurden ihm diese Fotos zum Verhängnis?“ – und schreibt ungelenk: „Sebastian N. (gest. 23) wollte als Model Karriere machen. Er soll sich im Homosexuellen-Milieu bewegt haben und bedroht worden sein.“
Den kompletten Beitrag kann man hier lesen: Wurden ihm diese Fotos zum Verhängnis?

13.07.2009:
Auch der Stern ist vor dümmlichen Sätzen nicht gefeit:
„Die Beweise gegen den 55-Jährigen sind jedoch nach Ansicht der Kammer erdrückend: Seine DNA und Fragmente von Fingerabdrücken waren in der Wohnung des aus Leimen stammenden Opfers – ein Mann aus dem Homosexuellenmilieu – sichergestellt worden.“
Den kompletten Beitrag kann man hier lesen: Gericht verurteilt Mörder 29 Jahre nach der Tat

02.07.2009:
Durch den Blog von Steven Milverton sind wir hierauf aufmerksam geworden:
Die Mainpost schreibt in ihrem Artikel „Statt dem Lover kam die Kripo: Schwuler verurteilt“ vom 02.07.2009: „Die Sache, die ein 21-jähriger Mann über sich hat ergehen lassen, geschah im Homosexuellen-Milieu und war gespickt mit krimineller Energie.“

Der BLSJ meint dazu:
In diesem Beitrag wird nicht nur der unsinnige Begriff Homosexuellen-Milieu verwendet; besonders auffällig und journalistisch fragwürdig ist die Überschrift „Schwuler verurteilt“. Vor Gericht werden Schuldige verurteilt (beispielsweise Mörder). Aber die sexuelle Orientierung sollte dabei keine Rolle spielen. Wir warten weiterhin auf Schlagzeilen wie „Mord im Hetero-Milieu“, „Heterosexueller Vater gestandt Bluttat“ und Ähnliches.

16.01.2005:
Die Berichterstattung vieler Nachrichtenagenturen und Zeitungen über den tragischen Tod Rudolph Moshammers ist geprägt von Klischees und unreflektierten Vorurteilen, findet der Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen (BLSJ). Vom „Mord im Homosexuellen-Milieu“ ist die Rede und BILD titelt ungelenk: „Stieg im Homo-Milieu der Killer in sein Auto?“.

„Gerade Journalistinnen und Journalisten sollten bei ihrer Berichterstattung immer an die Wirkung ihrer Texte denken“, appelliert Martin Rosenberg an die Kolleginnen und Kollegen der Medien: So ist verschiedentlich von polizeilichen Ermittlungen im „Homosexuellen-Milieu“ die Rede, obwohl es so etwas ebenso wenig gibt wie ein „Heterosexuellen-Milieu“.

Die Behauptung, dass im Homosexuellen-Milieu ermittelt würde, ist zumindest sprachlich völliger Unsinn. Darüber hinaus zementieren solche Phrasen unbewusst Klischees über Homosexuelle, die damit kollektiv verunglimpft werden. „Schließlich gibt es weitaus mehr heterosexuell Veranlagte, die die Dienste von Prostituierten in Anspruch nehmen als Schwule“, stellt der Wissenschaftsjournalist Axel Bach fest und appelliert an die Kolleginnen und Kollegen, vor dem Schreiben ihre Wortwahl kritisch zu reflektieren.

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