Felix Rexhausen

Platzeinweihung am Tag der Menschenrechte

Einweihung Felix-Rexhausen-Platz, Köln

Um 12.21 Uhr wurden die Köln- und Regenbogenfahne vom Straßenschild abgezogen; Foto: Axel Bach

Am 27. März 2014 hat die Kölner Bezirksvertretung Innenstadt einen Platz hinter dem Hauptbahnhof nach Felix Rexhausen benannt. Am Tag der Menschenrechte – dem 10. Dezember 2015 – wurde er von Bezirksbürgermeister Andreas Hupke offiziell eingeweiht: Um genau 12.21 Uhr und 14 Sekunden wurden die Köln- und Regenbogenfahne im Beisein vieler Interessierter und Rexhausens Schwester und Neffe vom Straßenschild abgezogen.

Wir dokumentieren hier zwei Reden anlässlich der Einweihung.

Thomas Pfaff, Journalist

Der Journalist Thomas Pfaff sprach zur Einweihung des Rexhausen-Platzes; Foto: Axel Bach

Der Journalist Thomas Pfaff sprach zur Einweihung des Rexhausen-Platzes; Foto: Axel Bach

Vielen Dank für die Einladung und die Gelegenheit, hier ein paar Worte zu Felix Rexhausen sagen zu dürfen. Er war ja in vielerlei Hinsicht eine bemerkenswerte Persönlichkeit: Als Menschenrechtsaktivist und Mitgründer von Amnesty und natürlich als mutiger Vorreiter der Schwulenbewegung. Ich beziehe mich im Folgenden aber vor allem auf Felix Rexhausen als Satiriker für den Hörfunk und andere Medien. Denn da fühle ich mich ihm besonders verbunden: Als Autor für den WDR arbeite ich immer wieder auf diesem Feld. Und er ist auf diesem Gebiet sicher einer der Pioniere und Vorbilder.
Ich habe ihn allerdings auch erst richtig entdeckt vor zwei Jahren: als Autor für die traditionsreiche WDR-Geschichtsreihe Zeitzeichen, als ich eine Sendungen gemacht habe zum 50. Jahrestag seiner berühmten Satire mit dem schönen Titel „Mit Bayern leben“. Mit Bayern leben – das ist heute noch schwer; wenn man sich anhören muss, was ein Herr Söder oder auch ein Herr Seehofer so alles zum Flüchtlingsthema absondert.
Damals war es das aber eben auch schon – und Felix Rexhausens bitterböses öffentliches Nachdenken darüber, ob es nicht doch besser sei, sich von Bayern zu trennen, löst 1963 den ersten großen Satireskandal in der Geschichte der Bundesrepublik aus; Franz Josef Strauß schäumt, der bayrische Ministerpräsident Goppel schreibt in seinem Auftrag bitterböse Beschwerdebriefe an den WDR und fordert die Wiederherstellung der Ehre Bayerns, Konrad Adenauer versichert der CSU und Bayern öffentlich seine Solidarität. Dazu gibt es eine Flut von Beschwerdebriefen; das gipfelt in der Aufforderung an den Autor, sich einem Pistolenduell zu stellen.
Ja, die Republik ist damals noch sehr ungeübt im Umgang mit Satire. Und das zeigt auch ein bisschen, dass Felix Rexhausen damals in der ersten Hälfte der 1960er Neuland betreten hat und ein Vorreiter war. Außer ihm gab es damals vielleicht noch Pardon in Frankfurt; aber sonst war da bis dahin nicht viel an Satire in diesem Land.
Und der riesige Erfolg der Bayern-Satire, die ihn wirklich landesweit berühmt gemacht hat, hat dann auch seinen weiteren Lebensweg bestimmt. Von einem ’seriösen‘ Wirtschafts- und Politik-Journalisten, der er vorher war, wird er zu einem scharfzüngigen Glossenautor. Rudolf Augstein holt ihn zum Spiegel nach Hamburg. Von da wechselt er dann zum NDR und bleibt für die nächsten zehn bis 15 Jahre einer der besten Satiriker des Landes – ob als Hörfunk- oder Buchautor. Großartig zum Beispiel sein Buch „Die Sache“, das Ende der 1960er die damals durch die Republik schwappende ‚Sexwelle‘ aufgreift. Oder auch einige Lied-Texte, die er für Schobert und Black geschrieben hat.
Vor allem, so sagen die Freunde von ihm, mit denen ich mich unterhalten habe, hat er mit der Bayern-Glosse aber gelernt und Freude daran gefunden, anzuecken. Und das macht ihn eben auch zu einem mutigen Pionier der Schwulenbewegung, der sich als einer der ersten öffentlich dazu „bekennt“, der mit seinem Buch „Lavendelschwert“ die Verlogenheit der Republik in Zeiten des Paragraphen 175 aufspießt. Und der das Wort ’schwul‘ nicht länger als Schimpfwort akzeptiert.
Er hatte in vielerlei Hinsicht ein großes ‚Sendungsbedürfnis‘, sagen seine Freunde. Er hat sich immer wieder gern in Szene gesetzt. Und insofern hat es ihn wohl enttäuscht, als in den 1980ern seine Satiren nicht mehr so gefragt waren und seine Vorreiter-Rolle in der Schwulenbewegung ein bisschen in Vergessenheit geriet.

Besucher der Platzeinweihung: Foto: Axel Bach

Gäste und Besucher der Platzeinweihung: Foto: Axel Bach

Umso mehr hätte er sich aber gefreut, dass er in den letzten zehn, 15 Jahren doch auch ein bisschen wiederentdeckt worden ist; dass der Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen einen Preis nach ihm benannt hat und dass er nun heute hier auch diesen Platz bekommt. Gut – das ist vielleicht nicht der schönste Platz Kölns; aber dafür sehr typisch. Und nebenbei gefragt: Kennt irgendjemand hier überhaupt einen Platz in Köln, der wirklich schön ist? Eben.
Übrigens, apropos schön: Es wäre ihm sicher auch eine schöne Satire eingefallen zum kommunalpolitischen Hickhack im Vorfeld dieser Platzbenennung – als im Bemühen, nur ja nichts falsch zu machen, so einiges schief gelaufen ist. In Köln dauert manches eben ein bisschen länger – aber dann wird es doch noch gut…
Einen kleinen, positiven Nebeneffekt der Platzbenennung möchte ich noch erwähnen: Ja, um mich etwas gewählter auszudrücken: Die Dumpfbacken von Pro Köln, Hogesa, Kögida und wie sie alle heißen, haben sich ja eingeschossen auf diese Demonstrationsroute vom Breslauer Platz zum Ebertplatz. Wir als Zivilgesellschaft müssen und werden weiterhin versuchen, sie daran zu hindern. Aber wenn uns das mal nicht gelingt, müssen sie künftig wenigstens hier am Felix-Rexhausen-Platz vorbei. Einem Platz, der ab jetzt benannt ist nach einem bekennenden Humanisten, Schwulen-Aktivisten und scharfen Kritiker aller Rechten, Rassisten und Ewiggestrigen. Eine kleine Genugtuung für uns und posthum sicher auch für ihn als Satiriker.
Schließen möchte ich auf jeden Fall gern mit einem kleinen Auszug aus einem Text von ihm, den Schobert und Black einst kongenial vertont haben; und der heute auch besonders gut passt, finde ich: „Selig der, dem ein heiliger Anschein heil scheint! Selig! Selig der, dem die Heiligenscheine all seiner Scheinheiligen anscheinend heiligen! Abermals selig! Hähä!“
Danke schön.

Axel Bach, Vorstand BLSJ

Straßenschild mit Informationen zu Felix-Rexhausen; Foto: Axel Bach

Straßenschild mit Informationen zu Felix-Rexhausen; Foto: Axel Bach

Heute ist der „Tag der Menschenrechte“. Das ist ein schönes Datum für die Einweihung des Felix-Rexhausen-Platzes in Köln. Es ist ein noch viel schöneres Datum als der 17. Mai – das ist der „Tag gegen Homophobie“. An diesem Tag sollte der Felix-Rexhausen-Platz in diesem Jahr eigentlich eingeweiht werden. Warum ist der „Tag der Menschenrechte“ der bessere Tag? Weil wir heute sehen können, wie viel Arbeit in dieser Republik noch vor uns liegt:

  • Weil es Menschen gibt, die glauben, Menschenrechte gälten nicht für alle Menschen; zum Beispiel nicht für Ausländer, nicht für Frauen, nicht für Lesben und nicht für Schwule.
  • Weil es Menschen gibt, die die in Artikel 5 des Grundgesetzes verbrieften Grundrechte der Meinungs- und Pressefreiheit sowie der Freiheit der Kunst vielleicht für sich selbst beanspruchen – nicht jedoch für Andersdenkende.
  • Weil es Menschen gibt, die Denunziation als Meinung ansehen.
  • Und weil es Menschen gibt, die das dumme Geschwätz anderer nachplappern, das irgendwo im Internet veröffentlicht wird.
Der Felix-Rexhausen-Platz erstreckt sich vom Aufgang der U-Bahn bis zum Eigelstein; Foto: Axel Bach

Der Felix-Rexhausen-Platz erstreckt sich vom Aufgang der U-Bahn bis zum Eigelstein; Foto: Axel Bach

Deshalb ist der „Tag der Menschenrechte“ ein schöner Tag für die Einweihung dieses Platzes. Denn es geht nicht um den Schwulen Felix Rexhausen. Es geht um den Menschen Felix Rexhausen – und im Übrigen um den Menschenrechtler Felix Rexhausen.
Niemand muss das Buch „Berührungen“ gut finden. Doch Felix Rexhausen ist nicht wegen dieses Buches für viele ein Vorbild, sondern aufgrund seines Lebenswerks und seiner Verdienste um die Schwulenbewegung und die Rechte politisch Verfolgter. Es gibt Menschen, die einige Passagen in dem Buch befremdlich finden. Aber nur derjenige, der Literatur wortwörtlich nimmt, kann überhaupt auf eine falsche Fährte gelangen. Und ein Ich-Erzähler muss natürlich nicht identisch mit dem Autor sein.
Aber so möchte ich gar nicht argumentieren. Denn es geht in dem Buch sowieso um etwas völlig anderes: Rexhausen leuchtet Tabuzonen der Gesellschaft aus. Genau wie im wenig später entstandenen Rosa-von-Praunheim-Film „Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt“ zeigt Rexhausen das deprimierende Sex- und Beziehungsleben eines typischen Schwulen unter den repressiven Bedingungen der 1960er-Jahre im zutiefst konservativen Nachkriegsdeutschland.
Rexhausen schreibt in diesem Buch über viele Themen. Und zwar aus demselben Grund, warum auch ein Krimi-Autor über Verbrechen schreibt: aus Gründen der Dramaturgie oder gar um die Leser zum Nachdenken zu bringen. Das heißt natürlich nicht, der Autor würde sich damit identifizieren. Genauso wenig wie vernünftige Menschen annehmen, dass ein Krimi-Autor Mord und Totschlag befürworten würde – oder gar selbst ein Mörder sein müsse.
Und einige Menschen übersehen auch – vielleicht aus Boshaftigkeit? – dass Rexhausen ein politischer Satiriker war! Seine Texte – auch in dem Buch Berührungen – triefen geradezu vor Satire. Und gleichzeitig ist das Buch höchst politisch. Denn es ging Rexhausen um die Änderung der Nachkriegsverhältnisse! Und ganz nebenbei: Rexhausen kritisierte auch die Schwulen; im Buch Berührungen eigentlich in jedem Kapitel.
Einige Menschen wollen das nicht verstehen – andere können es vielleicht nicht verstehen. Weil sie gar nicht wissen, in welcher Zeit dieses Buch entstanden ist. Als in den 1960er-Jahren noch der Paragraf 175 in der Nazi-Fassung galt, thematisierte Rexhausen bereits die Lebensumstände schwuler Männer eindringlich, aber eben auch ironisch und selbstkritisch.
Die Platz-Benennung nach Felix Rexhausen war eine gute Entscheidung der Bezirksvertretung Innenstadt, die diese im vergangenen Jahr einstimmig getroffen hat. Und es war auch eine gute Entscheidung der Bezirksvertretung Innenstadt, den Platz heute am „Tag der Menschenrechte“ einzuweihen.

 

Weitere Berichte und Bilder:

Späte Ehrung: Felix-Rexhausen-Platz eingeweiht

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