Detlef Grumbach zur Erwiderung von Christian Beese
Die sogenannte These 1 von Christian Beese, wonach sich schwule Magazine mit hohem journalistischen Anspruch nicht wirtschaftlich betreiben lassen, ist zunächst einmal eine Erfahrung – und keine These. Warum funktioniert es in England und den USA, warum nicht hier in Deutschland? Vielleicht auch deshalb, weil ich über Probleme in Deutschland und international mittlerweile auch in angesehenen Mainstream-Medien – ob Print oder Online – gut und kompetent von Journalisten vor Ort informiert werde, von Homestorys bis zu Steuer- und Homo-Ehen-Problemen. Das kann kein Szene-Magazin so leisten. Dafür brauche ich sie heute nicht mehr.
Christians These 3, wonach schwule Magazine, die ihre Mitarbeiter nach DJV-Maßstäben bezahlen, schnell pleite wären, gilt so wahrscheinlich auch für manches andere Medium. Die Frage für die Leute, die trotzdem zu Hungerlöhnen arbeiten, lautet ja in jedem einzelnen Fall: Warum tue ich das? Was verspreche ich mir über das Honorar hinaus davon? Welchen „Mehrwert“ versprechen oder geben die Szene-Magazine ihren AutorInnen? Renommee? Aufstiegschancen? Es gibt ja in dem Bereich ein paar wirklich gute Leute, von denen ich gerne lese. Arbeiten diese KollegInnen aus der Not heraus unter diesen Bedingungen? Schielen sie auf den Wechsel in besser bezahlte Bereiche? Der „subjektive Faktor“ wurde das mal genannt. Ist auch interessant.
Besonders bezüglich der These, wonach es besser sei, schwule Magazine mit PR-Artikeln zu haben als gar keine schwulen Magazine, möchte ich wenigstens dringend anmahnen, dass man erkennen können muss: was ist Bericht und was ist PR.,
Wenn liftstylige Themen das sind, was die Leser weit überwiegend lesen wollen, frage ich mich: Sind dafür das Internet, die Tipps über Facebook usw. nicht effektiver? Wenn es vor allem darum ginge, wäre das Ganze ja schon unter dem Aspekt des Waldsterbens ein Frevel!
Aber abgesehen von meinen ziemlich spontanen Bemerkungen steckt in den Ausführungen eine Menge Substanz für ernsthafte Debatten! Gut, dass die BLSJ-Thesen dazu angeregt haben! Danke, lieber Vorstand! Aber Christian Beeses Ergänzungen sind konkreter an den Produktionsbedingungen und Problemen als die BLSJ-Thesen.