5 Thesen: Debatte

BLSJ-Vorstand Markus Bechtold zu den fünf Thesen

Zuletzt wurden im Sommer 2012 die Frankfurter Gab, das Kölner Szenemagazin rik und das schwule Magazin für Düsseldorf + Ruhrgebiet Exit von der Berliner Blu-Mediengruppe übernommen. „Was die Pressekonzentration für die Vielfalt der Berichterstattung über das Leben der Schwulen, Lesben und Bisexuellen bedeutet, ist noch nicht absehbar“, sagt Markus Bechtold, Vorstandsmitglied vom Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen. Klar sei aber auch, dass publizistische und ökonomische Kompetenzen gebündelt werden müssten, um Lesern journalistische Inhalte anzubieten und im Anzeigenverkauf wirtschaftlich arbeiten zu können. Der Abdruck von PR-Artikeln aber schadet dem Ansehen der Magazine und marginalisiert die journalistische Relevanz der Blätter.

Ein Konzentrationsprozess ist angesichts der wirtschaftlichen Situation des Medienmarktes unvermeidlich und ein üblicher Vorgang in Zeiten der Krise. Die Reduzierung auf einige wenige Angebote und Verlage darf jedoch nicht zu einer Verkümmerung der journalistischen Qualität führen. Wenn beispielsweise zwischen den Magazinen Berichte ausgetauscht werden, sollte dies Freiräume für eine qualitativ ansprechendere Berichterstattung schaffen. „Die Chance der Bündelung überregionaler journalistischer Kompetenzen liegt darin, Ressourcen und Freiräume für die regionale Berichterstattung zu schaffen“, sagt Bechtold. Man könne diese Fusion aber auch als letztes Aufbegehren der Verlage begreifen, mit der journalistischen Gratiskultur in Deutschland Geld zu verdienen. Eine qualitativ hochwertige lesbisch-schwule Presse kann auf den allermeisten Märkten nur dann überleben, wenn die Gratiskultur auf den Prüfstand gestellt wird. Dafür braucht es einerseits Angebote, für welche die Leserschaft gerne Geld bezahlt. Andererseits braucht es dafür aber auch eine Wertschätzung und ein Bewusstsein der Leserinnen und Leser für Qualitätsjournalismus.

Versuche der Zusammenarbeit gab es bereits in der Vergangenheit: 1999 hatten sich kostenlose Stadtmagazine in Berlin, Hamburg, Köln, München und Frankfurt am Main zum Medienverbund GayCityCom zusammengeschlossen. 2007 gründete sich der Zeitschriften-Verbund Publigayte mit den Stadtillustrierten EXIT, hinnerk, gab, Leo, rik und Siegessäule.

Die Not der kostenlosen Magazine ist nicht zufällig. Gerade in der lesbisch-schwulen Community werde viel durch ehrenamtliche Arbeit erreicht. Guter Journalismus aber kostet Geld und gute Recherche benötigt Zeit und auch mal einen langen Atem. Der BLSJ appelliert an die Verlage, ihre Journalisten vernünftig zu bezahlen. Hunger-Löhne führten zu einem weiteren Qualitätsverlust. Leserinnen und Leser müssten bereit sein, in fundierten Journalismus zu investieren. „Die lesbisch-schwule Presse schafft ein Bewusstsein für die eigene Identität und für die Community. Sie ist ein kulturelles Gut, das nicht leichtfertig aufs Spiel gesetzt werden darf“, sagt Bechtold.

Wichtig sei, dass Lesben, Schwule und Bisexuelle sich darüber klarwürden, was sie vom redaktionellen Angebot erwarten und was sie im Gegenzug selbst bereit seien, in der Kostenloskultur für professionellen Journalismus auszugeben, der ihre eigene Lebensrealität beleuchtet und auch Halt und Orientierung in der Selbstfindungsphase des Coming-out biete.

Immer häufiger würden in den kostenlosen Magazinen Partytermine aus der Szene, Mode-, Styling- oder Fitnesstipps, Musikbesprechungen und Restaurantvorstellungen aufgegriffen, die sich gut vermarkten und mit Anzeigenverkäufen verbinden lassen. Dabei sei es ebenso wichtig, dass auch weiterhin Themen aktiv recherchiert werden, um ein Bewusstsein für noch immer vorhandene gesellschaftliche und ökonomische Probleme und Benachteiligungen von Lesben, Schwulen und Bisexuellen zu schaffen und die Vielfalt ihrer Lebenswelt und die Entwicklung neuer Lebenswege aufzuzeigen. Der BLSJ appelliert an Journalisten und Verleger, aktiv Themen wie beispielsweise „Benachteiligung im Steuerrecht“, „Homosexuelle im Alter“, oder „Leben mit HIV“ zu verfolgen. Sonst verlören diese Themen ihren Platz in den Magazinen und möglicherweise auch im Bewusstsein ihrer Leserinnen und Leser. Die Leserinnen und Leser ermuntert der BLSJ hingegen, kräftiger mitzumischen, indem sie klar sagen, welche Themen sie interessieren und worüber sie mehr erfahren wollen.

Der Bund Lesbischer und Schwuler JournalistInnen setzt sich für faire, vorurteilsfreie Berichterstattung über Lesben, Schwule und Bisexuelle ein. Einmal im Jahr verleiht er dafür den Felix-Rexhausen-Preis für besonders gelungene Beiträge.

Die fünf Thesen zur lesbisch-schwulen Presselandschaft