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Interview mit newsroom.de

Zum Felix-Rexhausen-Preis befragte das Online-Portal für Journalisten “Newsroom” Vorstandsmitglied Axel Bach. Hier gibt es das gesamte Interview im Wortlaut.

Seit 1998 gibt es den Felix-Rexhausen-JournalistInnenpreis. Warum haben Sie damals diesen Preis ins Leben gerufen?
Zu der Zeit, als wir den BLSJ gegründet und den Rexhausen-Preis ausgerufen hatten, gab es noch regelmäßig Anlass, wegen unsäglicher Berichterstattung, den Presserat anzurufen – oft mit „Erfolg“. Nicht nur der „Platz der Schande“ – wie es in einer Überschrift in der Berliner Zeitung zum Schwulenkiez rund um den Nollendorfplatz hieß, oder die Forderung in der Zeitschrift „Coupé“ „Entzieht schwulen Friseuren sofort die Lizenz – für immer!“ bekamen damals eine Rüge. Auch „BILD“ oder „Bunte“ gaben immer wieder Anlass, sich über diskriminierende Berichte zu ärgern. Wir waren damals aber der Meinung, dass es viel schöner sei, besonders gelungene Berichterstattung über Lesben und Schwule mit einem Preis zu würdigen, anstatt immer nur homophobe Veröffentlichungen beim Presserat zu melden.

Ist der Preis eigentlich noch zeitgemäß? Heute gibt es doch schon im Nachmittagsfernsehen die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten Lebensmodellen!
Der Preis ist in hohem Maße zeitgemäß. Das merken wir in jedem Jahr aufs Neue. Einerseits ist die Jury, die übrigens etwa zur Hälfte aus heterosexuell veranlagten Kolleginnen und Kollegen besteht, regelmäßig darüber verwundert, mit welcher offensichtlichen Unkenntnis der Lebenswirklichkeit von Lesben und Schwulen teilweise über diese berichtet wird. Man kann lesbisch-schwulen Themen nicht gerecht werden, wenn man alleine heterosexuelle Maßstäbe anlegt. Wer sich in der Homo-Welt nicht auskennt, muss sich interessieren und viele Fragen stellen.
Andererseits erfahren wir immer wieder – sowohl von den Nominierten aber auch den Gewinnerinnen und Gewinnern des Preises –, wie stolz auch die Redaktionen auf diese Auszeichnungen sind. Und wie wichtig diese Auszeichnung sein kann, um in manchen Redaktionen weiterhin in dieser Richtung arbeiten zu können.
Über die Berichterstattung im Nachmittagsfernsehen möchte ich an dieser Stelle lieber schweigen.

Wie intensiv wird denn über schwule und lesbische Themen in deutschsprachigen Medien berichtet?
Diese Frage lässt sich nur schwer beantworten; das wäre sicherlich mal etwas für eine wissenschaftliche Untersuchung. Aber aus der eigenen Erfahrung heraus lässt sich natürlich sagen: Ja, es gibt Berichterstattung über lesbische und schwule Themen. Aber sie ist meist anlassbezogen. Bestes Beispiel sind die Demonstrationen anlässlich der CSDs: Einige Wochen vorher entdecken die Redaktionen Lesben und Schwule und machen Artikel-Serien über Regenbogenfamilien, schwule Väter, Jugendliche im Coming-out und einiges mehr. Aber den Rest des Jahres findet man solche Beiträge selten.
Dabei sind Lesben und Schwule Teil dieser Welt – und deshalb sollten sie auch Teil der Berichterstattung sein. Wenn fünf bis zehn Prozent der Menschen nicht-heterosexuell sind, dann sollten auch ebenso viele Protagonistinnen und Protagonisten in Beiträgen nicht-heterosexuell sein – einfach so; ganz ohne Anlass und ohne, dass in dem Beitrag ein großes Aufheben darum gemacht wird.

Wer kann sich für den Preis genau bewerben?
Jede Journalistin und jeder Journalist, der im Ausschreibungszeitraum einen Beitrag zum Thema in deutscher Sprache veröffentlicht hat. Aber bitte beeilen: Am 30. April ist Einsendeschluss; dann sollten wir zumindest eine E-Mail von den BewerberInnen im Postfach haben: rexhausenpreis@blsj.de
Alle wichtigen Informationen zum Rexhausen-Preis gibt es online: https://www.blsj.de/medienpreis/teilnahmebedingungen/

Wie sollten die Beiträge sein, damit sie eine Chance haben, von der Jury ausgezeichnet zu werden?
In einem Wort gesagt: Gut.
Am besten natürlich sehr gut. Aber im Ernst: Jeder Beitrag über die Schwierigkeiten von Regenbogenfamilien mag seine Berechtigung haben. Aber in der Gesamtschau der eingereichten Arbeiten werden solche Beiträge es sicherlich schwieriger haben, die Aufmerksamkeit der Jury zu wecken.
Wer es aber schafft, die Jury mit seinem Beitrag zu bewegen oder zum Nachdenken anzuregen, wer dabei nicht im Main-Stream der Themen schwimmt und handwerklich sauber arbeitet, dabei aber bitte nicht ständig die Schere der Politischen Korrektheit im Kopf hat, dessen Beitrag wird bestimmt wahrgenommen!

Die Fragen stellte Bülend Ürük (Chefredakteur von newsroom.de).

Beitrag bei newsroom.de

BLSJ-Faltblatt mit Tipps für Kolleginnen und Kollegen:
„Schöner schreiben über Lesben und Schwule – 8 Beispiele aus der journalistischen Praxis“