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BLSJ kritisiert Presserat

Zum ersten Mal in seiner Geschichte musste sich der BLSJ nicht beim Presserat über einen Beitrag beschweren, sondern über eine Entscheidung des Presserats. [mehr…]

Presserat kritisiert „B.Z.“

Die Berliner Boulevardzeitung „B.Z.“ berichtete am 29. Juli 1998 über den Berliner Schwulenkiez rund um den Nollendorfplatz.

Anlass war ein Kinderporno-Skandal, in den angeblich zwei Stricherkneipen aus dem Kiez verwickelt sein sollten.

Auf einer Doppelseite wurde der Nollendorfkiez im Luftbild gezeigt. Durch Verweise auf ein Schwulenkino, einen schwulen Sexshop und schwule Bars mit Darkroom wurde die Schwulenszene mit Kinderporno-Händlern in Verbindung gebracht. Nach Ansicht des BLSJ wurde damit die lesbisch-schwule Szene verunglimpft.

Der Presserat befand am 9. Februar 1999:

„Durch die Art und Weise der Gestaltung des Beitrags entstand nach der Meinung des Beschwerde-Ausschusses eine Ghetto-Berichterstattung, die dazu geeignet ist, die Anwohner des Viertels, die Lokale und insbesondere die Homosexuellen, die diese besuchen, zu diskriminieren.“

Presserat rügt „Coupé“.

In ihrer Ausgabe 4/97 hatte die Zeitschrift „Coupé“ eine Kolumne veröffentlicht, die schwulen Friseuren pauschal unterstellte, ihre Kunden sexuell zu belästigen.

Der Presserat kam zu dem Schluß, „daß der Beitrag eine Diskriminierung von Homosexuellen im Sinne der Ziffer 12 Pressekodex darstellt“ und sprach eine öffentliche Rüge aus.

Wortlaut des BLSJ-Beschwerdebriefes an die Chefredaktion der Coupé:

„In der April-Ausgabe von „Coupé“ veröffentlichten Sie einen Kommentar Ihres Kolumnisten Engelbert Biebrich unter der Überschrift „Entzieht schwulen Friseuren die Lizenz – für immer“, der in eklatanter Weise der Diskriminierung von Homosexuellen Vorschub leistet. Wir meinen, daß dieses Pamphlet längst überwunden geglaubte Klischees gegen Schwule anheizt und die Würde schwuler Männer in gröbster Weise verletzt. Als neugegründeter Bundesverband les-bischer und schwuler JournalistInnen protestieren wir aufs schärfste gegen diese Art von Journalismus.

Von einer inhaltlichen Stellungnahme sehen wir bewußt ab, weil sich zu diesem dummdreisten Artikel jedes vernünftige Wort verbietet. Angemerkt sei nur, daß sich in der Form der Argumentation unverhohlen faschistoides Gedankengut spiegelt, das von uns nicht hingenommen werden kann. Vor allem die Forderung, „schwule“ Friseurgeschäfte mit einem Schild zu kennzeichnen, weckt zweifellos Erinnerungen an die Boykottaktionen gegen jüdische Geschäfte in der Nazizeit.

Wir meinen, daß hier die Grenzen der freien Meinungsäußerung und auch der Satirefreiheit weit überschritten sind und fordern Sie auf, diese Veröffentlichung in Ihrem Blatt in angemessener Form zurückzunehmen. Der Artikel des wohl unter Pseudonym schreibenden Engelbert Biebrich verstößt darüber hinaus gegen mindestens drei publizistische Grundsätze, wie sie im Pressekodex des Deutschen Presserates in der Fassung vom 27. November 1991 fixiert sind. Dies sind die Punkte 9 (unbegründete Beschuldigungen, insbesondere ehrver-letzender Natur), 10 (Verletzung des sittlichen Empfindens einer Personen-gruppe) und 12 (Niemand darf wegen der Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe diskriminiert werden). Wir haben mit gleicher Post eine dahingehende Beschwerde beim Deutschen Presserat eingereicht.“

Presserat kritisiert „Bunte“.

Unter der Überschrift „Gianni Versace – Der Todesengel kam aus dem dunklen Teil seines Reiches“ erschien in der „Bunten“ Nr. 31/97 eine Titelgeschichte über die Ermordung des italienischen Modemachers. Darin hieß es über den schwulen, mutmaßlichen Mörder Versaces: „Ein Todesengel, wie ihn nur die dekadente, pervertierte Welt der Luxus-Homos hervorbringen konnte. Ein Alptraum-Boy, passend zu Versaces Abgründen.“

Über Versace selbst schrieb die „Bunte“: „Gianni Versace hat in der Mode alle Regeln gebrochen, alle Konventionen über den Haufen geworfen, jede Grenze überschritten. Das gleiche tat er in der Sexualität. Er suchte den Exzeß, die Verletzung, den Rausch der extremen Reize. In einer Welt des goldenen Glanzes, der Kunstwerke, der kostbaren Bücher, der erlesenen Möbel lagen hinter den schimmernden Wänden aus Marmor die ‚dark rooms‘, die dunklen Räume seiner Begierde. Da klirrten Ketten, klatschten Peitschen – wenn man es sinnbildlich nimmt. Gianni Versace fühlte sich von diesen dunklen Räumen wie ein Süchtiger angezogen…“

Der Presserat erkannte in diesen Textstellen einen Verstoß gegen den Pressekodex, wonach die Würde des Menschen zu wahren ist. Kritisiert wurde auch die Verwendung des Begriffes „dunkle Triebe“, mit denen auf Versaces sexuelle Aktivitäten abgestellt wurde. Aufgrund des Verstoßes gegen den Pressekodex erteilte der Beschwerdeausschuß des Deutschen Presserates der Redaktion der „Bunten“ einen sogenannten redaktionellen Hinweis.

BLSJ rügt „Bild“ und „Bunte“.

Im Dezember 1997 werden zwei männliche Leichen im Garten einer Pension gefunden, die von Lesben betrieben wird. „Bild“ titelt: „Lesben-Pension: hier fand die Polizei die ersten

Männerleichen“ (30.12.97). In einer zweiten Überschrift heißt es: „Die Lesben-Pension – wie viele tote Männer liegen noch im Garten?“

Im sogenannten Ansbach-Prozeß wurde 1988 ein Mord verhandelt, den ein lesbisches Pärchen mit einer Ehefrau an deren Mann begangen hatte. Mit einer der beiden Lesben hatte die Ehefrau eine Affäre. „Bild“ schrieb am 27. September 1988 unter den Überschriften: „Lesben töten Ehemann“ und „Lesben: Mord mehrmals geprobt“ im Text: „Jutta K. (24) hatte eine kleine Tochter, einen Ehemann und zwei lesbische Freundinnen. Auf Dauer war Wolfgang K. (34) den Frauen im Weg. Sie beschlossen, ihn umzubringen.“

In einem Anzeigentext wirbt die „Bunte“ mit der gleichen Geschichte für das Blatt: „Liebe mich, dann bring‘ ich deinen Mann um – Ein Sittengemälde aus der fremden Welt der lesbischen Frauen von Ansbach. (…) Das Protokoll einer schrecklichen Liebe, ab heute in Bunte.“

Der BLSJ kritisiert die lesbenfeindliche Berichterstattung der beiden Blätter.